Fährt man in Namibia Richtung Lüderitz, trifft man hinter dem Ort „Aus“ auf ein Schild, daß man hier so nicht erwarten würde: Achtung Wildpferde! Pferde, hier in den Ausläufern der Namib? Ja, es gibt sie tatsächlich, die Wüstenpferde von Namibia und dies ist eine längere Geschichte.
Entflohen während der Wirren des Krieges
Es gibt mehrere Theorien, wie die Pferde in die Wüste gelangt sind. Fakt ist, daß es vor dem Einzug der deutschen Kolonialisten keine Pferde in Namibia gab. Die derzeit wahrscheinlichste Theorie ist, daß die Tiere zum einen von entflohenen Tieren der Pferdezucht des deutschen Bürgermeisters von Lüderitz entstammen. Zum anderen sollen sie von Tieren der südafrikanischen Armee abstammen, die nach einem Bombenangriff auf das Lager bei Garub entkommen sind. So haben die Wüstenpferde von Namibia wohl deutsche und südafrikanische Vorfahren. Diese Theorie wird durch neuere genetische Untersuchungen gestützt.
Die entlaufenen Pferde lebten fortan in der Namib in der Umgebung von Aus, einer lebensfeindlichen Landschaft. Überleben konnten sie, da es bei Garub ein Bohrloch gab, um die Dampflocks mit Wasser zu versorgen. Dort fanden die Tiere Wasser zum Überleben. Das Bohrloch wurde bis in die 1970er von der Bahngesellschaft genutzt. Um den Pferden nicht die sichere Wasserstelle zu nehmen, übernahm die Consolidated Diamonds Mine die Unterhaltung des Bohrlochs.
Ein weiterer Grund, warum sich die Tiere über Jahre an die Wüste anpassen konnten, sind die Diamantenfunde von Kolmanskop bei Lüderitz. Die Deutschen richteten daraufhin zwei riesige Sperrgebiete ein, die knapp 26.000 km2 umfassen. In diesen Gebieten war der Zugang streng kontrolliert und die Pferde konnten nahezu unentdeckt leben. Nur aus der Luft waren sie hin und wieder zu sehen.
In den 1980ern wurde das Sperrgebiet in einen Nationalpark umgewandelt und die Wüstenpferde von Namibia wurden wissenschaftlich erfasst und untersucht. So fand man mit der Zeit heraus, daß sich die Tiere mittlerweile an das Leben in der Wüste angepaßt und ein anderes Verhalten haben als Hauspferde. Die Wüstenpferde können länger ohne Wasser leben als ihre Artgenossen. Sie spielen äußerst selten und fressen wann immer es möglich ist.
Trotz dieser Anpassungen sind sie den extremen Bedingungen der Namib ausgesetzt. So konnte ihre Population in den guten, regenreichen Jahren der 1970er bis auf geschätzte 280 Tiere anwachsen. Ende 1999 nach einer Dürreperiode waren es allerdings nur noch 89 Pferde.
Das Überleben ist gefährdet
Nachdem die Population wieder angewachsen war hat sich Zahl der Tiere nach den letzten fünf Dürrejahren wieder stark dezimiert und das Überleben der Wildpferde gilt als gefährdet. Neben der langen Dürreperiode ist auch die wachsende Population von Hyänen in diesem Gebiet eine große Gefahr für die Tiere. Die Raubtiere reißen immer wieder die Fohlen der Herde, so daß die Population weiter sinkt.
Um die Wildpferde Namibias zu schützen und zu retten, wurde 2012 die Namibia Wild Horse Foundation gegründet. Hier kümmern sich Vertreter von Tourismus-, Umwelt- und Veterinärmanagement um das Wohlergehen und Überleben der Tiere. So betreiben sie die Wasserstelle in Garub, füttern die Tiere wenn notwendig und kämpfen für die Eindämmung der Hyänen in diesem Gebiet. Ist man Gast in der Klein-Aus Vista Lodge, kann man schon an der Zufahrt die vielen Heuballen sehen und findet überall in der Lodge Informationen zu den Pferden.
Natürlich gibt es auch beim Thema Erhalt der Wildpferde Gegner in der namibischen Bevölkerung, die der Meinung sind, daß diese Tiere nicht nach Namibia gehören. Wie auch immer man zu den Wildpferden steht, ich finde sie unglaublich faszinierend und beeindruckend, wie sie es geschafft haben, in dieser unwirtlichen Gegen zu überleben.
Die Wüstenpferde von Namibia beobachten
Auf dem Weg von Aus nach Lüderitz zweigt etwa 20 km nach Aus eine Schotterstrasse von der Nationalstrasse B4 ab. Sie führt nach etwa 2 km zu der Tränke, an der die Tiere häufig zum trinken kommen. Vom überdachten Unterstand aus kann man dort die Pferde und manchmal auch andere Tiere wunderbar beobachten. Sind bei der Fahrt nach Lüderitz dort keine Tiere, sollte man einen weiteren Stopp auf der Rückfahrt einlegen. Achtung: 2017 war die Schotterstraße in einem sehr schlechten Zustand.
Quellen:
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Ein unnatürlicher Überlebenskampf als Hauptattraktion an der Touristenroute im Süden:
Ausgewilderte europäische Hauspferde kämpfen um ihr Überleben in einer für sie unnatürlichen Umwelt. Durch das Bohrloch in Garub als Tränke und der unüberwindbaren Wüste sind die Pferde an diesen Ort gebunden und müssen mit allen Widrigkeiten kämpfen um zu überleben. Das ist wie Eisbären auf Madeira aussetzen und sie mit dem milden Klima und der fehlenden Nahrung kämpfen lassen. Anstelle die Pferde in eine für sie natürliche Umwelt umzusiedeln, werden ortsansässige Hyänen umgesiedelt. Wird hier wirklich im Sinne des Tierwohls gehandelt?