Wenn ich nicht auf Reisen bin, liebe ich es, Bücher von Reisenden zu lesen. Daher möchte ich euch in loser Folge meine Neuentdeckungen vorstellen. Den Anfang macht das Buch Couchsurfing im Iran: Meine Reise hinter verschlossene Türen*von Stefan Orth.
Stefan Orth beschreibt in seinem Buch seine Reise durch den Iran, bei der er das laut ihm im Iran verbotene Couchsurfing nutzt. Durch diese Form des Reisen kommt er intensiv mit Einheimischen in Kontakt und kann so sehen, „was hinter blinden Fenstern und verschlossenen Türen passiert.“ Dabei wohnt er nicht nur bei seinen Gastgebern, er läßt seine Reise auch von den Ideen der Iraner bestimmen. Er möchte am Ende der Reise zum Iraner werden. Daher wird er von seinen Gastgebern zu einem Sado-Maso-Treffen, einer geheimen Bikiniparty, nächtlichem Angeln, zu Erinnerungstätten des Irak-Iran-Kriegs oder zum Blumenpflücken mitgenommen. Auch flirten auf iranisch und ein iranisches Date erlebt er. Sehr greifbar beschreibt Orth, wie seine Gastgeber auf der einen Seite die Entdeckung und Bestrafung fürchten, auf der anderen Seite froh sind, etwas Widerstand zu leisten.
Beeindruckt hat mich die unglaubliche Gastfreundschaft, die Orth bei seiner Reise erlebt hat. „Angst vor einem Mangel an menschlichen Kontakten im Iran, das ist ungefähr so, als würde ein Weltumsegler sich Sorgen machen, ob er unterwegs auch ein bisschen Sonnenbräune abkriegt.“ Oft wird er auf der Straße angesprochen, wenigstens mit einem „Welcome to Iran“, nicht selten wird er auch zum Tee eingeladen. Mit seiner herzlichen Beschreibung der Menschen im Iran gelingt es ihm hervorragend, von dem Land, das man nur durch Negativschlagzeilen kennt, auch die sympatische Seite zu zeigen. Durch die Form des Reisens kommt Orth aber hauptsächlich mit jungen, gebildeten Iranern in Kontakt, die dem Regime ehr kritisch gegenüber stehen. Dadurch entsteht ein etwas einseitige Darstellung der Welt der jungen Iraner abseits von religiösem Fanatismus und politischen Querelen.
Schade fand ich das Fehlen von historischen Hintergründen, Beschreibungen der Landschaft und der Seite der Gesellschaft, die das Regime befürworten. Auch eine tiefergehende Betrachtung der Situation und des Lebens der Frauen hätte ich mir gewünscht. Aber vielleicht ist das auch nur möglich, wenn man als Frau den Iran bereist.
Insgesamt macht das Buch „Couchsurfing im Iran“ neugierig auf den Iran, da hier eine Seite des Landes beschrieben wird, die einem so in den Medien nie gezeigt wird.