Seit ich im April mit dem bloggen angefangen habe, kam immer wieder die Frage aus dem Freundeskreis, was ich denn damit nur bezwecke. Ob ich irgendwann mal davon leben will? Ehrlich gesagt hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt keinen Gedanken daran verschwendet, daß dies überhaupt möglich sein könnte.
In der Bloggerwelt lese ich immer häufiger gerade bei Reisebloggern die Aussage: „Wer frei und glücklich sein will, muß seinen Job kündigen, um ortsunabhängig und selbstständig zu arbeiten“. Glaubt man diesen Bloggern, scheint dies der einzig mögliche Weg zum Glück zu sein und ein Blog eine gute Verdienstmöglichkeit für dieses Leben. Aber will ich das überhaupt?
Inhalt
Wo stehe ich im Moment?
Zur Zeit arbeite ich seit fast genau 20 Jahren bei der gleichen Firma als Angestellte. Glücklicherweise arbeite ich in einer großen Firma, die es mir erlaubt, auch mal die Stelle zu wechseln und etwas anderes zu machen. So habe ich in den 20 Jahren neben 3 Jahren Ausbildung an drei verschiedenen Stellen gearbeitet. Durch die Stellenwechsel konnte ich in meinen Arbeitsalltag „neuen Wind“ bringen und der viel gefürchteten Routine entkommen. Auch habe ich das Glück, flexible Arbeitszeiten zu haben und kann meine Überstunden mit Freizeit ausgleichen. Bis jetzt war es auch noch nie ein Problem gewesen, 3-4 Wochen Urlaub an einem Stück zu nehmen. Sogar fünf Wochen Urlaub hatte ich schon. In meinem Team habe ich tolle Kollegen, die auch einen stressigen Arbeitstag erträglich machen. Natürlich ist trotzdem nicht alles rosig und auch mich überkommt hin und wieder der Frust und ich möchte alles hinschmeißen.
Aber abends kann ich nach Hause kommen, habe meine gewohnten Dinge um mich. Wenn ich möchte, kann ich etwas leckeres für mich und meinen Partner oder für Freunde kochen. Und nach einer langen Reise gibt es doch nichts schöneres, wenn man endlich wieder in seinem eigenen Bett schlafen kann, oder?
Finanziell gesehen habe ich die Sicherheit, jeden Monat mein festes Gehalt zu bekommen, egal wie die Auftragslage gerade ist oder es mal wieder eine Wirtschaftskrise gibt. Das beruhigt einen schon.
Was würde eine Kündigung für mich bedeuten?
Würde ich kündigen, wäre die Alternative, um Geld zu verdienen die Selbstständigkeit. In meinem Beruf ist dies leider nicht möglich. Also müßte ich mich mit was anderem Selbstständig machen, meinem Blog zum Beispiel. Viele, die von Ihrem Blog leben, sind Digitale Nomaden und leben gerade am Anfang den größten Teil des Jahres in Ländern, wo die Lebenshaltungskosten nicht so hoch sind, z.B. in Asien. So halten die Rücklagen länger.
Das würde dann für mich bedeuten, meine Wohnung aufzugeben, meine Heimat, meine Familie und Freunde verlassen und in die weite Welt zu ziehen. Das ist ja erstmal ganz nett, aber ich bin kein Single und mein Partner würde da nicht mitmachen. Damit wäre der Plan schon hinfällig. Außerdem möchte ich auch ein zu Hause haben, ich möchte wieder nach Hause kommen können.
Von meinem Blog zu leben würde heißen, daß ich bei annähernd null anfange. Ich habe keine Ahnung von html-Programmierung, Webdesign, oder ähnlichem. Ich müßte sehr viel Arbeit investieren und sehr viel lernen. Bis ich von dem Blog leben könnte, wird einige Zeit vergehen und es wird viel Arbeit kosten, mit Sicherheit mehr als ich jetzt arbeite. Damit ist der Blog auch kein Hobby mehr sondern Beruf und wechselt von einem Kann-Status in einen Muß-Status.
Vom einen ins andere Hamsterrad
Dieses Thema zu betrachten geht eigentlich nicht ohne das oft verteufelte Hamsterrad. Das Credo heißt doch oft, kündige, werde frei und brich aus dem Hamsterrad aus. Nur irgendwie beschleicht mich immer das Gefühl, das man nur das eine gegen das andere Hamsterrad austauscht. Und das neue Hamsterrad erscheint mir größer, schwerer und beengender.
Natürlich bin ich im Angestelltenverhältnis nicht selbstbestimmt, aber ich habe relativ feste Arbeitszeiten und ein festes Einkommen. Dieses Hamsterrad hat seine festen Grenzen und es gibt ein Leben neben dem Hamsterrad. Bin ich selbstständig, muß ich solange arbeiten, bis ich genügend Einkommen habe. Gerade am Anfang wird dies viel Arbeit mit relativ wenig Einkommen bedeuten. Auch e-books und Co., durch die ein passives Einkommen produziert werden kann, müssen erst einmal erstellt und auch verkauft werden. Dieses Hamsterrad scheint keine festen Grenzen zu haben und auch weniger Sicherheit zu bieten. Von Freiheit ist hier erst einmal nicht viel zu erkennen.
Ich bleibe lieber im Hamsterrad
Für mich ist ganz klar, daß ich eine gewisse Form von Sicherheit brauche. Mein festes Einkommen garantiert mir einen gewissen Lebensstil, um den ich nicht jeden Monat aufs neue kämpfen muß. Auch ein zu Hause, mein Partner, meine Familie und Freunde sind mir sehr wichtig, so daß ich auch meine Wohnung nicht aufgeben könnte.
Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann einmal ein Sabbatical zu machen, um länger zu verreisen. Oder meine Arbeitszeit zu reduzieren, um mehr Zeit zum reisen zu haben. Aber das ganze immer mit der Gewissheit, wieder nach Hause zurück kommen zu können.
Was für den einen richtig ist, ist es für den anderen noch lange nicht
Ich halte nichts von diesen generalisierten Aussagen, wie sie sehr oft zu lesen sind. Jeder ist anders und jeder hat andere Bedürfnisse. Wer ein festes zu Hause und die Sicherheit eines festen Einkommens nicht benötigt, wird vielleicht nach einer Kündigung und als selbstständiger Blogger glücklich. Vielleicht aber auch nicht. Wer mit diesem Leben seine Erfüllung und sein Glück gefunden hat, sollte froh sein. Aber dieser Weg muß nicht zwingend für jeden Erfüllung und Glück bedeuten.
Mit diesem Beitrag nehme ich an der Blogparade vom Blog Reiseaufnahmen zum Thema Glückssuche: 9 to 5 leben oder den Job kündigen und ab in die Welt?
Was ist mit dir? Bist du auch zufrieden und glücklich in deinem Hamsterrad und brauchst ein zu Hause? Oder hast du so großen Freiheitsdrang, daß dich ein ortsunabhängiges, selbstständiges Leben glücklich macht?
Ich finde den Artikel auch super und bin da total bei dir. Es gibt einfach nicht DEN einen Weg, den einige Menschen so gerne predigen. Aktuell ist das ja wohl ein ziemlich großes Thema. Liebe Grüße, Franzi
Vielen lieben Dank! Ich finde es sehr schade, das gerade im Moment nur ein Weg als der richtige propagiert wird. LG Ina
Servus Ina!
Klasse Beitrag!
Ich denke aber nicht, dass nur „der eine Weg propagiert wird“. Man hört halt immer von diesen – aus meiner Sicht – Ausreißern. Von denen, die das geschafft haben. Von dem Weg, von dem viele träumen.
Dein Weg (der von vermutlich der Masse der Blogger) ist deshalb nicht mehr oder weniger falsch. Nur nicht spannend genug, um getwittert (naja, für mich zum Beispiel schon :) ) oder gar von der Presse oder dem TV für spannend genug empfunden wird.
Alles ist gut, solange es dir auch so Spaß macht! Ohne berühmt zu werden, viel Geld zu machen und im TV gezeigt zu werden.
Have fun
Horst
Hallo Horst,
Vielen Dank!
Ja, das stimmt, die Ausreißer sind es, von denen man hört. Wie der Rheinländer ja so schön sagt: Jeder Jeck ist anders.
Und ja, es macht Spaß.
Lieben Gruß
Ina
Ich kann dir in allen Punkten zustimmen. In meinem festen Job bin ich sehr glücklich, auch wenn für einige öffentlicher Dienst und Verwaltung langweilig klingen mag. Ich bin sogar froh, beruflich etwas ganz anderes zu machen, so kann ich mein Herzblut voll und ganz in den Blog stecken. Und wenn ich mal keine Zeit, Lust oder Energie habe, dann schreibe ich halt mal nichts. Auch ich spiele mit dem Gedanken, meine Arbeitszeit irgendwann zu reduzieren, aber das ist gerade nicht akut.
Viele Grüße
Jessi
Genau! Ich möchte meinen Blog auch nicht als Pflicht ansehen, sondern als Hobby, als Herzensprojekt. Und das geht nicht, wenn ich damit meine Geld verdienen muß.
Lieben Gruß
Ina
Liebe Ina,
vielen Dank für deine Teilnahme. In deiner Perspektive erkenne ich vieles wieder, was mich auch betrifft, sei es die Arbeit, die Kollegen, das Zuhause oder auch mal den blöden Tag, an dem es halt nicht läuft. Aber wer sagt mir, dass ich den als Digitaler Nomade nicht habe. Wenn da eine Abgabe ansteht, ist der Druck vielleicht sogar noch größer als in meinem 9 to 5 Job.
Alles Liebe,
Tanja
Toller Artikel! Du hast mir ganz aus der Seele gesprochen. Übrigens, wenn man genauer hinguckt, wird man feststellen, dass die sog. „Digital Nomads“ gar nicht ausschließlich vom Reisen und ihrer Schreiberei leben. Und der Druck,d er darin besteht, dass man Schreiben muss, dass der nächste Artikel fertig werden muss, weil der schließlich Geld bringt, ist nicht leicht zu ertragen.
Und wie schrecklich die Vorstellung, dass man nur während des Reisens glücklich ist. Was ist mti der anderen Zeit? Da kann ich doch auch glücklich sein. Ach, ich merke, ich muss auch einen Artikel zu der Blogparade schreiben. ;) Liebe Grüße – Ulrike
vielen Dank!! Ich denke auch, das viele digitale Nomaden nur die eine, schöne Seite dieses Lebens propagieren. Was wirklich dahintersteckt, wird oft verschwiegen.
Die Blogparade läuft noch bis zum 15.8., Tanja würde sich über einen weiteren Teilnehmer freuen.
Lieben Gruß
Ina
Weitere Teilnehmer sind immer sehr willkommen :-)